Steuerhinterziehung und Insolvenz: die Uhr tickt unaufhörlich!

InsolvenzantragBis­lang war es mög­lich, auch mit Steu­er­schul­den, die aus einer Steu­er­hin­ter­zie­hung stam­men, in die Insol­venz zu gehen. Denn bei Schul­den aus einer Steu­er­hin­ter­zie­hung han­delt es gera­de nicht um eine Ver­bind­lich­keit aus einer uner­laub­ten Hand­lung im Sin­ne von § 302 Nr. 1 InsO, die von einer Rest­schuld­be­frei­ung aus­ge­nom­men ist. Wer bis­lang mit aus einer Steu­er­hin­ter­zie­hung stam­men­den Schul­den in die Insol­venz gehen woll­te, muss­te — je nach Fall­ge­stal­tung und um ganz auf der siche­ren Sei­te zu sein — die drei­jäh­ri­ge Frist aus § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor Stel­lung des Insol­venz­an­trags ein­hal­ten. Dann war es dem Finanz­amt ver­wehrt, einen Antrag auf Ver­sa­gung der Rest­schuld­be­frei­ung wegen der Steu­er­hin­ter­zie­hung zu stel­len.

Am 01. Juli 2014 tritt die zwei­te Stu­fe der Insol­venz­rechts­re­form in Kraft. Sie bringt für Per­so­nen, die Schul­den wegen einer Steu­er­hin­ter­zie­hung haben, weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen mit sich. Die neue Fas­sung von § 302 Nr. 1 InsO sieht vor, dass ab dem 01.07.2014 Schul­den aus einem Steu­er­schuld­ver­hält­nis von der Rest­schuld­be­frei­ung aus­ge­nom­men sind, sofern der Schuld­ner im Zusam­men­hang damit wegen einer Steu­er­straf­tat nach den §§ 370, 373 oder 374 der Abga­ben­ord­nung rechts­kräf­tig ver­ur­teilt wor­den ist.

Wer also Schul­den aus einer Steu­er­hin­ter­zie­hung hat und eine Insol­venz in Betracht zieht, hat nun noch exakt einen Tag Zeit, sei­nen Insol­venz­an­trag ein­zu­rei­chen und damit noch in den Genuss der alten Rechts­la­ge zu kom­men.

In einer Zwick­müh­le ste­cken hin­ge­gen die Per­so­nen, deren Steu­er­hin­ter­zie­hung noch kei­ne drei Jah­re zurück­liegt. Sie ris­kie­ren mit einer Antrags­stel­lung vor Ablauf der drei Jah­re, dass das Finanz­amt einen Antrag auf Ver­sa­gung der Rest­schuld­be­frei­ung nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO stellt. War­ten sie hin­ge­gen die drei Jah­re ab, greift das neue Recht und sie kön­nen die Schul­den aus der Steu­er­hin­ter­zie­hung ohne­hin nicht mit­tels Insol­venz abschüt­teln. Daher wird es in den meis­ten Fäl­len auch für die­se Per­so­nen ange­zeigt sein, den Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens noch schnell vor dem 01. Juli 2014 ein­zu­rei­chen. Denn die neue Rechts­la­ge ver­hin­dert auf jeden Fall, dass sie die Schul­den aus der Steu­er­straf­tat los­wer­den. Bei einem Antrag nach bis­he­ri­ger Rechts­la­ge ist immer noch ein aus­drück­li­cher Antrag des Finanz­amts not­wen­dig. In die­sem Zusam­men­hang ist umstrit­ten, ob das Finanz­amt über­haupt einen sol­chen Antrag nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO stel­len darf. Wäh­rend die Zivil­recht­spre­chung dies durch­aus bejaht, wird dies von der Finanz­recht­spre­chung mehr­heit­lich ver­neint. Es ist daher bei Antrag­stel­lung nach altem Recht, aber vor Ablauf der Drei­jah­res­frist, in Betracht zu zie­hen, das Finanz­amt mit einer vor­beu­gen­den Unter­las­sungs­kla­ge unter Ver­weis auf die ein­schlä­gi­ge Finanz­recht­spre­chung an einer ent­spre­chen­den Antrags­stel­lung zu hin­dern.

Auf­grund der Kom­ple­xi­tät der Rechts­la­ge soll­ten Sie einen Insol­venz­an­trag gera­de bei Steu­er­schul­den aus einer Steu­er­hin­ter­zie­hung nicht ohne vor­he­ri­ge anwalt­li­che Bera­tung stel­len. Ver­su­chen Sie im Hin­blick auf die mor­gen bevor­ste­hen­de Ände­rung der Rechts­la­ge, gege­be­nen­falls noch schnell einen Ter­min bei dem Fach­an­walt für Insol­venz­recht Ihres Ver­trau­ens zu bekom­men.

Vermieter gepackt und kurzerhand vor die Tür gesetzt

Vie­le Ver­mie­ter las­sen sich in ihren Miet­ver­trä­gen das Recht ein­räu­men, die ver­mie­te­ten Räu­me in Abspra­che mit dem Mie­ter bei­spiels­wei­se ein­mal im Jahr besich­ti­gen zu dür­fen. Ob der­ar­ti­ge Klau­seln wirk­sam sind, sei an die­ser Stel­le dahin­ge­stellt. Fol­gen­den Fall hat­te nun der Bun­des­ge­richts­hof zu ent­schei­den (BGH, Urteil vom 04.06.2014 – Az. VIII ZR 289/13):

Mie­ter M. hat von Ver­mie­te­rin V. ein Haus gemie­tet. In die­sem Haus soll­ten in eini­gen Räu­men Rauch­mel­der ange­bracht wer­den. Dies­be­züg­lich war zwi­schen Mie­ter und Ver­mie­te­rin abge­spro­chen, dass die Ver­mie­te­rin die instal­lier­ten Rauch­mel­der inspi­zie­ren durf­te. Dies tat sie auch. Aller­dings beließ sie es nicht dabei, son­dern nahm die Gele­gen­heit zum Anlass, noch ein wenig in den übri­gen Räum­lich­kei­ten des Mie­ters her­um­zu­schnüf­feln nach dem Rech­ten zu sehen. Dies woll­te wie­der­um der Mie­ter nicht und for­der­te die Ver­mie­te­rin auf, dies zu unter­las­sen. Aller­dings lies sich Else Kling die Ver­mie­te­rin nicht davon abbrin­gen und räum­te sogar Gegen­stän­de von einer Fens­ter­bank ab, um den inne­ren Fens­ter­rah­men in Augen­schein neh­men zu kön­nen. Da sie kei­ner­lei Anstal­ten mach­te, der Auf­for­de­rung des Mie­ters nach­zu­kom­men und das Haus zu ver­las­sen, hob der Mie­ter die Ver­mie­te­rin hoch und setz­te sie kur­zer­hand vor die Tür.

Das woll­te wie­der­um die Ver­mie­te­rin nicht auf sich sit­zen las­sen und kün­dig­te dem Mie­ter wegen die­ses “tät­li­chen Angriffs” auf ihre Per­son post­wen­dend den Miet­ver­trag. Da sich der Mie­ter nicht anschick­te, das Haus zu räu­men, erhob die Ver­mie­te­rin Räu­mungs­kla­ge. Das Amts­ge­richt gab dem Mie­ter Recht. Das Land­ge­richt beur­teil­te den Fall in der Beru­fung anders und gab der Räu­mungs­kla­ge statt.

Der BGH gab nun dem Mie­ter Recht. Indem die Ver­mie­te­rin der Auf­for­de­rung des Mie­ters, das Haus zu ver­las­sen, nicht nach­kam, habe sie des­sen Haus­recht ver­letzt. Sie tra­ge des­halb zumin­dest eine Mit­schuld an dem nach­fol­gen­den Gesche­hen, die das Land­ge­richt rechts­feh­ler­haft nicht berück­sich­tigt habe. Ins­be­son­de­re im Hin­blick auf das vor­an­ge­gan­ge­ne  pflicht­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Klä­ge­rin, stel­le das mit der Kün­di­gung bean­stan­de­te Ver­hal­ten des Mie­ters — selbst wenn er damit, wie das Land­ge­richt in der Beru­fung ange­nom­men hat, die Gren­zen erlaub­ter Not­wehr (gering­fü­gig) über­schrit­ten haben soll­te — jeden­falls kei­ne der­art gra­vie­ren­de Pflicht­ver­let­zung dar, dass der Klä­ge­rin des­halb die wei­te­re Fort­set­zung des Miet­ver­hält­nis nicht zuge­mu­tet wer­den könn­te. Auch von einer Ver­trags­ver­let­zung von einem Gewicht, das ein berech­tig­tes Inter­es­se der Ver­mie­te­rin an der Been­di­gung des Miet­ver­trags recht­fer­ti­ge, kön­ne unter die­sen Umstän­den nicht aus­ge­gan­gen wer­den.