Die Zeit zwischen den Jahren ist für viele Menschen eine gute Gelegenheit, den Alltag ein wenig geruhsamer anzugehen. So auch wir Rechtsanwälte. Viele nehmen sich zwischen Weihnachten und Neujahr frei. Andere, zu denen auch ich gehöre, nutzen diese doch etwas ruhigere Zeit, um im Büro ganz ohne Stress noch das ein oder andere vor Jahresende zu erledigen (mal abgesehen von manchem Zivilrechtler, der noch schnell vor Jahreswechsel hektisch verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen muss). Doch diese angenehme Arbeitsatmosphäre wurde heute jäh unterbrochen, als die aufgelöste Ehefrau eines Mandanten anrief, der vor einiger Zeit im europäischen Ausland zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war.
Die Frau bat um dringende Hilfe. Man habe ihr heute telefonisch mitgeteilt, dass ihr Mann bald hingerichtet werden solle. Das offizielle Exekutionsverfahren sei bereits eingeleitet worden. Eine kurze Überprüfung der Telefonnummer, von der aus sie angerufen worden war, ergab, dass die Nummer tatsächlich zu dem Gericht gehörte, das ihren Mann seinerzeit verurteilt hatte. Sollte dem Mandanten also tatsächlich die Hinrichtung drohen? Die Dame ließ sich jedenfalls nicht beruhigen, obwohl ihr Mann ja nicht im Bundesland Hessen einsitzt, wo die Todesstrafe noch immer in Artikel 21 Abs. 1 S. 2 der Hessischen Verfassung verankert ist, sondern in einem europäischen Land, das die Todesstrafe bereits vor langer Zeit aus seinen Gesetzen verbannt hat. Weiterlesen