BGH: Dumm gelaufen — Bieter bekommt Auto bei Abbruch der ebay-Auktion für 1,- €

Symbolbild

Dumm gelau­fen: Ver­käu­fer ver­kauft Auto unge­wollt für 1,- € (Sym­bol­fo­to)

Dumm gelau­fen für den Ver­käu­fer!” — anders kann man es tref­fen­der nicht beschrei­ben. Der Ver­käu­fer hat­te in einer ebay-Auk­ti­on einen Gebraucht­wa­gen ein­ge­stellt. Die Auk­ti­on begann mit einem Min­dest­ge­bot von 1,- €. Zehn Minu­ten spä­ter fand sich auch gleich ein Inter­es­sent, der ein Maxi­mal­ge­bot von 555,55 € abgab. Da sich jedoch noch kein wei­te­rer Mit­bie­ter an der Auk­ti­on betei­lig­te, lag das aktu­el­le Gebot für das Kraft­fahr­zeug bei 1,- €.

Rund sie­ben Stun­den nach Auk­ti­ons­be­ginn brach der Ver­käu­fer die Auk­ti­on ab und teil­te dem ein­zi­gen bis­he­ri­gen Bie­ter mit, dass er außer­halb der ebay-Auk­ti­on einen Käu­fer für den Wagen gefun­den habe, der den Wagen für 4.200,- € kau­fen wol­le. Der Bie­ter kön­ne den Wagen jedoch ger­ne für 4.500,- € haben. Da der Bie­ter nicht ein­wil­lig­te, gab der Ver­käu­fer den Wagen ander­wei­tig in Zah­lung. Der ursprüng­li­che Bie­ter ärger­te sich über den Ver­käu­fer und ver­lang­te von ihm kur­zer­hand Scha­dens­er­satz wegen Nicht­er­fül­lung des sei­ner Ansicht wirk­sam geschlos­se­nen Kauf­ver­trags über das Auto zu einem Kauf­preis zu 1,- €. Da der PKW einen tat­säch­li­chen Wert von 5.250,- € habe, ver­lang­te er vom Käu­fer die Zah­lung eine Betra­ges in Höhe von 5.249,- €. Der Ver­käu­fer wei­ger­te sich.

In der ers­ten Instanz gab das Land­ge­richt dem Bie­ter Recht. Zwi­schen Bie­ter und Ver­käu­fer sei auf­grund der vor­zei­ti­gen Been­di­gung der Auk­ti­on ein Kauf­ver­trag zu einem Kauf­preis von 1,- € zustan­de gekom­men. Da der Ver­käu­fer eine Lie­fe­rung ver­wei­gert habe, schul­de er dem Käu­fer nun Scha­dens­er­satz in Höhe der Dif­fe­renz zwi­schen dem Kauf­preis von 1,- € und dem tat­säch­li­chen Wert des PKW. Der Ver­käu­fer ging in die Beru­fung und ver­lor erneut.

Nun muss­te sich der Bun­des­ge­richts­hof mit der Sache beschäf­ti­gen (BGH, Urteil vom 12.11.2014 — Az. VIII ZR 42/14). Die­ser watsch­te den Ver­käu­fer mit sei­nem Urteil nun ein wei­te­res Mal ab. Weder sei das Miss­ver­hält­nis zwi­schen Kauf­preis und tat­säch­li­chem Wert des Fahr­zeugs ent­schei­dend, noch lie­ge ein Rechts­miss­brauch des Bie­ters vor.  Es mache viel­mehr gera­de den Reiz einer Inter­net­auk­ti­on aus, den Auk­ti­ons­ge­gen­stand zu einem “Schnäpp­chen­preis” erwer­ben zu kön­nen, wäh­rend umge­kehrt der Ver­käu­fer die Chan­ce wahr­nimmt, einen für ihn vor­teil­haf­ten Preis im Wege des gegen­sei­ti­gen Über­bie­tens zu erzie­len.  Dass das Fahr­zeug letzt­lich zu einem Preis von 1,- € ver­kauft wur­de, beruht auf der freie Ent­schei­dung des Ver­käu­fers. Schließ­lich habe er das Risi­ko eines für ihn ungüns­ti­gen Auk­ti­ons­ver­laufs mit einem Start­prei­ses von 1,- € selbst gesetzt. Von der Mög­lich­keit, ein höhe­res Min­dest­ge­bot fest­zu­le­gen, hat er kei­nen Gebrauch gemacht. Dass sich das Risi­ko eines schlech­ten Geschäfts dann auch tat­säch­lich rea­li­siert hat, ist eben­falls dem Ver­käu­fer selbst zuzu­schrei­ben, da er die Auk­ti­on ohne recht­fer­ti­gen­den Grund vor­zei­tig abge­bro­chen hat­te.

Die Ver­kaufs­be­din­gun­gen bei ebay-Auk­tio­nen sehen vor, dass der Bie­ter den Zuschlag bekommt, der bei Been­di­gung der Auk­ti­on das höchs­te Gebot abge­ge­ben hat. Dass die Auk­ti­on vor­zei­tig durch einen nicht gerecht­fer­tig­ten Abbruch been­det wur­de, ändert dar­an nichts. Inter­es­sant ist nun natür­lich für vie­le ebay-Ver­käu­fer die Fra­ge, wann eine Auk­ti­on aus­nahms­wei­se vor­zei­tig abge­bro­chen wer­den kann, ohne dass ein Kauf­ver­trag mit dem zum Zeit­punkt des Abbruchs Höchst­bie­ten­den zustan­de kommt. Die Recht­spre­chung legt die ent­spre­chen­den ebay-Bedin­gun­gen so aus, dass ein vor­zei­ti­ger Auk­ti­ons­ab­bruch immer dann zuläs­sig ist, wenn bei­spiels­wei­se ein Fall der §§ 119 ff. BGB vor­liegt oder der Ver­lust des Kauf­ge­gen­stan­des durch Dieb­stahl oder Sach­be­schä­di­gung zu bekla­gen ist.

Die Ent­schei­dun­gen des BGH und der Vor­in­stan­zen sind zu begrü­ßen. End­lich ist auch in der Recht­spre­chung ange­kom­men, wie das “Sys­tem” ebay funk­tio­niert. Bis­her gab es immer wie­der haar­sträu­ben­de Ent­schei­dun­gen zu Online-Auk­tio­nen, die damit hof­fent­lich Geschich­te sind. Her­vor­zu­he­ben ist hier als beson­de­res Nega­tiv­bei­spiel das Urteil des AG Pforz­heim vom 26.06.2007 (Az. 8 Cs 84 Js 5040/07). Das Gericht hat­te einen ebay-Bie­ter wegen Heh­le­rei ver­ur­teilt, weil die­ser bei ebay für 671,- € ein gestoh­le­nes Navi­ga­ti­ons­ge­rät mit einem eigent­li­chen Wert von 2.137,- € erstei­gert hat­te und auf­grund des gerin­gen Min­dest­start­ge­bo­tes von nur 1,- € zumin­dest bil­li­gend in Kauf genom­men habe, dass das Navi gestoh­len sei. Das Land­ge­richt Karls­ru­he hat die Ent­schei­dung des AG Pforz­heim in der Beru­fung glück­li­cher­wei­se post­wen­dend auf­ge­ho­ben und den Ange­klag­ten frei­ge­spro­chen. Das LG Karls­ru­he (Urteil vom 28.09.2007, Az. Ns 84 Js 5040/07 — 18 AK 136/07) stell­te kon­se­quent klar, dass ein Start­preis von ledig­lich 1,- € kein taug­li­ches Indiz dafür sein kann, dass der Bie­ter es für mög­lich hält, Die­bes­gut zu erstei­gern. Glei­ches gilt für den Umstand, wenn der Bie­ter am Ende der Auk­ti­on den Zuschlag zu einem Preis bekommt, der deut­lich unter dem eigent­li­chen Wert des Kauf­ge­gen­stan­des liegt. Schließ­lich hat der Bie­ter bis auf sein eige­nes Min­dest­ge­bot kei­ner­lei Ein­fluss auf den letzt­li­chen Kauf­preis, der von vie­len Fak­to­ren bestimmt wird.

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