Das OLG Hamm hatte sich jüngst mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein schlecht gestochenes Tattoo den Tätowierer zu Schadensersatz verpflichtet (OLG Hamm, Beschluss vom 05.03.2014 — Az. 12 U 151/13). Dabei ging es auch darum, ob der Tätowierer sich auf sein Recht zur zweiten Andienung berufen kann und die Kundin ihm folglich die Möglichkeit einräumen muss, den Mangel selbst zu beseitigen. Der Mangel lag darin, dass der Tätowierer die Farbe in zu tiefe Hautschichten eingebracht hatte und es dadurch um die Tätowierungslinien herum zu unschönen Farbverläufen kam. Herr Kollege Vetter hatte in seinem Blog bereits darüber berichtet.
Die Vorinstanz hatte der Kundin ein Schmerzensgeld in Höhe von € 750,- zugesprochen und den Tätowierer darüber hinaus dazu verurteilt, auch für zukünftige Ansprüche der Dame wegen des mangelhaft gestochenen Tattoos einstehen zu müssen. Dem schloss sich das OLG Hamm vollumfänglich an. Es sei der Dame sowohl unter fachlichen als auch unter künstlerischen Aspekten nicht zumutbar, das Tattoo noch einmal von dem Tätowierer überarbeiten zu lassen.
Tätowierungen beschäftigen immer wieder die Gerichte. Eine einheitliche Linie scheint es zwischen Legislative, Judikative und Exekutive jedoch nicht zu geben. Während Tattoos in der heutigen Gesellschaft schon lange sozialadäquat sind, scheint es diesbezüglich insbesondere bei Behörden und auch beim Gesetzgeber noch einige Defizite zu geben. So werden insbesondere die in diversen behördlichen Einstellungsrichtlinien enthaltenen Tattoo-Vorschriften oft viel zu eng ausgelegt und dem Laufbahnbewerber in der Folge eine Einstellung versagt (Beispiel zum Polizeivollzugsdienst).
Aber auch der Gesetzgeber hat noch einen Nachbesserungsbedarf. Während beispielsweise selbst bei den risikoreichsten Extremsportarten die gesetzliche Krankenversicherung bei Verletzungen einspringt, schränkt der Gesetzgeber in § 52 Abs. 2 SGB V die Ansprüche der Versicherten bei Gesundheitsverletzungen, die im Zusammenhang mit Tätowierungen (zu diesen zählt auch das sogenannte Permanent Make-Up) oder Piercings stehen, erheblich ein:
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§ 52 Abs. 2 SGB V:
Haben sich Versicherte eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen, hat die Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.
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Nach § 294a Abs. 2 SGB V wird der behandelnde Arzt darüber hinaus sogar ausdrücklich verpflichtet, der Krankenkasse Meldung zu machen, wenn alleine schon der Verdacht besteht, dass eine Verletzung beziehungsweise Krankheit auf eine Tätowierung oder ein Piercing zurückzuführen ist. Auch wenn das Tattoo oder das Piercing nach allen Regeln der Kunst angefertigt wurde, spielt dies für die Haftungseinschränkung an sich keine Rolle, ist jedoch zumindest im Rahmen der Beteiligungsquote zu berücksichtigen.