Seit knapp vier Jahren erregt der Fall des mittlerweile 81-jährigen Rentners aus Sittensen, der im Dezember 2010 einen jugendlichen Einbrecher erschoss, die strafrechtlichen Gemüter. Heute fiel am Landgericht Stade das Urteil. Ernst B. wurde wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Der Angeklagte war am Abend des 13. Dezember 2010 von fünf Personen auf seinem Grundstück überfallen und zur Herausgabe von Wertgegenständen gezwungen worden. Als die fünf Täter in Folge eines ausgelösten Alarms die Flucht antraten und über das Grundstück rannten, schoss der Rentner in deren Richtung und verletzte einen der Täter tödlich.
“Rein kommen, das Geld machen und wieder rausgehen! ” — so soll ein Komplize des erschossenen Mittäters das Ziel der fünfköpfigen Einbrecherbande formuliert haben. Das Vorhaben endete bekanntermaßen anders.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Rentner war Mitte 2011 eingestellt worden. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatte Ernst B. in Todesangst gehandelt und dabei zumindest irrtümlich eine Notwehrsituation angenommen. Nachdem die Familie des Getöteten Beschwerde gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens eingelegt hatte, wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen und Anklage gegen Ernst B. erhoben. Das Landgericht Stade lehnte die Eröffnung des Verfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts ab. Die Nebenkläger legten sofortige Beschwerde ein und hatten damit Erfolg. Das Oberlandesgericht Celle entschied, dass die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens vorlägen. Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Stade verhandelte seit April 2014 und kam nun zu dem genannten Urteil.
Hervorzuheben ist, dass neben der Verteidigung auch die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädiert hatte. Die Staatsanwaltschaft ist damit ihrer ursprünglichen Auffassung gefolgt und hat den Todesschuss des Rentners nicht als Totschlag klassifiziert. Das Gericht hingegen folgte der Rechtsauffassung der Nebenklage und verurteilte den Rentner. Es steht zu vermuten, dass das letzte Wort in dieser Strafsache noch nicht gesprochen ist.